Reflexion zu Baumgartner

Soweit ich mein Verhalten beim Vorgehen der Entstehung dieses Blogs beobachtet habe, ist mir einiges kurioses daran aufgefallen. Das Instrument der Blogs als chronologische Ansammlung und Dokumentation von Wissenskonstruktion finde ich bequem. Ich denke nicht so sehr darüber nach, warum ich etwas lese oder reflektiere, ich lasse mich treiben von dem, was mir in die Hände fällt und Interesse weckt. Ich untersuche die Texte auch weniger darauf hin, ob sie mir passende Argumentationen für meine Thesen liefern. Ich beobachte, dass ich weit weniger zielgerichtet arbeite. Die bohrende Frage, die mich dabei ersucht ist, wie ich das werten kann und ob ich das tun sollte. Ist diese Art der Vorgehensweise in Baumgartners Sinn? Ich könnte schon behaupten, dass es selbstbestimmt und dass ein Lernprozess in Gang ist. Es schleichen sich aber doch heimliche Zweifel ein, ob das wirklich so gemeint ist. Besteht nicht doch eine heimliche Anforderung an das Produkt, das ja immerhin bewertet wird? Wie sieht es wirklich aus mit der Selbstbestimmung und der intrinsischen Motivation? Ich entdecke hier zwei Fronten, die sich gegenüber stehen. Auf der einen Seite steht die Motivation auf der anderen Seite der Druck einer Anforderung. Baumgartner beschreibt schon sehr deutlich, was gelernt werden soll mit den Instrumenten der Blogs und Portfolios: „Selektion, Bewertung, Intergration und vor allen Transformation der riesigen Datenmengen in anwendbares bzw. verwertbares Wissen“. Steht die Formulierung eines solchen Lernziels nicht irgendwie im Widerspruch zur Forderung nach autonomen Lernprozessen? Werde ich als Lernender nicht unter Druck gesetzt, zu beweisen, das ich das Lernziel erreicht habe, besonders unter Aussicht einer Bewertung? Kann ich einen Lernprozess, den ich darauf ausrichte, ein Lernziel X zu erreichen noch als autonom bezeichnen?

2 Antworten zu “Reflexion zu Baumgartner

  1. Ich stimme dir zu – da gibt es einen Widerspruch zwischen der Forderung nach Autonomie und Eigenständigkeit in der Selektion, Bearbeitung und Strukturierung von Wissen einerseits und andererseits die Ausrichtung auf spätere Verwertbarkeit und das Mitschwingen der neoliberalen Forderung nach unendlicher Flexibilität des (Wissens)Arbeiters.
    Im Prinzip gab (und gibt) es gegenläufige Figuren wie diese sehr häufig in jeweils neuen Lehr/Lernansätzen; selbst der Behaviourismus wollte die Menschen (und Lehrer) von der Willkür und Personengebundenheit guter, effektiver Lehre befreien.
    „Freiheit“ und „Selbstbestimmung“ sind die vorherrschenden Verkaufsargumente der in Lerntheorien umgesetzten Wissensparadigmen dieses Jahrhunderts, „Effizienz“ und „markttechnische Verwertbarkeit“ ihre stetigen Schattenseiten. Die Portfolios sind ein weiterer Schritt, konstruktivistische Ansätze einer solchen Form näher zu bringen.
    Im Prinzip haben sich seit hundert Jahren zwar die Methoden geändert, der unsichtbare Lehrplan aber ist gleich geblieben bzw. noch viel subtiler und verinnerlichter geworden.

  2. Maria-Belén Fernandez Viñas

    Ja!
    Vielen Dank für Dein Kommentar. Genau diese Betrachtungsperspektive habe ich im Beitrag:
    Selbst- und Fremdsteuerung-
    Juni 12th, 2007
    versucht, darzustellen und Baumgartner scheint jemand zu sein, der auf diesen Gleisen fährt…

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